Pressemitteilung, 03. März 2020
Angriffe auch auf Auto, Schiff und Crew von Mare Liberum
„Die EU darf flüchtende Menschen an ihren Grenzen nicht mit Gewalt aufhalten oder ertrinken lassen“, empört sich Hanno Bruchmann, Sprecher von Mare Liberum. Ein Team der Menschenrechtsbeobachtungsorganisation Mare Liberum ist vor Ort auf der griechischen Insel Lesbos.
Heute werden die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, sowie Charles Michel, der Präsident des Europäischen Rates, in der türkisch-griechischen Grenzregion erwartet. Mare Liberum hat zusammen mit 62 in der Ägäis tätigen Organisationen einen offenen Brief veröffentlicht, in dem vor allem die Aufnahme von auf den ägäischen Inseln gestrandeten Geflüchteten durch die EU-Mitgliedsstaaten gefordert wird.
“Um eine Eskalation von Rassismus und Gewalt nicht weiter zu befeuern, muss Europa endlich handeln. Die EU-Staaten müssen sich bereit erklären in Griechenland ankommende Geflüchtete sofort aufzunehmen und ihre sichere Weiterreise garantieren. In der Bundesrepublik stehen fast 140 Gemeinden bereit Geflüchtete aufzunehmen. Die Bundesregierung muss endlich die Blockadehaltung aufgeben und ein Beispiel für Europa setzen“, fordert Bruchmann.
Die Stimmung auf den griechischen Inseln ist seit Wochen angespannt und eskaliert seit dem Wochenende. Anwohnerinnen und Anwohner verhinderten, dass über den Anleger des kleinen Dorfes Thermi Geflüchtete auf Lesbos an Land gehen konnten. Straßen wurden blockiert und Geflüchteten der Zugang zum Lager Moria versperrt. Das Erstaufnahmelager Stage2 wurde am Sonntag in Brand gesetzt. In der Nacht von Sonntag auf Montag wurde auch der von Mare Liberum gemietete PKW stark beschädigt. Mietwagen werden offensichtlich gezielt angegriffen und zerstört, weil viele mit Geflüchteten solidarische NGOs sowie Journalistinnen und Journalisten diese auf der Insel benutzen. Am Montagabend wurde unsere Crew an Bord der MARE LIBERUM von einem Mob mit Benzin bedroht, während das Schiff am Anleger von Skala Loutron, einem kleinen Dorf im Südwesten von Lesbos, angedockt war. Die Crew musste ablegen und vor der Küste ankern, um die Nacht in Sicherheit zu verbringen.
Seit dem Wochenende hält die Türkei Geflüchtete nicht mehr vom Grenzübertritt in die EU nach Griechenland ab. Während die meisten Geflüchteten versuchen über den Landweg Richtung Nordwesten zu gelangen, sind seit Samstag auch 365 Menschen mit Schlauchbooten auf Lesbos angekommen. Die griechischen Inseln zusammen erreichten rund 900 Menschen. Am Sonntag rettete weder die türkische, noch die griechische Küstenwache Flüchtende auf seeuntüchtigen Schlauchbooten. Am Montag ertrank ein Mädchen, als ein Schlauchboot mit 48 Geflüchteten in Griechischen Gewässern kenterte.