Deutsche Behörden haben heute das Festhalten der Schiffe „Mare Liberum“ und „Sebastian K“ des gemeinnützigen Vereins Mare Liberum e.V. verfügt. Mare Liberum beobachtet die menschenrechtliche Situation für Flüchtende an der Seegrenze zwischen der Türkei und Griechenland. Trotz der Anfang des Jahres erfolgten Änderung der Schiffssicherheitsverordnung, hatten die Aktivistinnen und Aktivisten in der vergangenen Woche das Auslaufen ihrer Schiffe im Mittelmeer für diesen Donnerstag angekündigt. Dem kommt die Festhalteverfügung der Behörden nun direkt zuvor.

„Wir sind stinksauer und akzeptieren die Blockade unseres Einsatzes für Solidarität und Menschenrechte nicht. Die nunmehr auch amtlich erfolgte Festsetzung unserer Schiffe werden wir sofort per Eilantrag anfechten. Die Änderung der Schiffssicherheitsverordnung, mit der Minister Scheuer gezielt humanitäre Einsätze verhindert, verstößt gegen höherrangiges Recht und wird keinen Bestand haben“, so Hanno Bruchmann aus dem Vorstand von Mare Liberum.

In der eingegangenen Festhalteverfügung stützt sich die zuständige BG Verkehr auf besagte Änderung der Schiffssicherheitsverordnung durch das Bundesverkehrsministerium (BMVI). Danach werden alle Schiffe, die für humanitäre oder ähnliche Zwecke eingesetzt werden, hinsichtlich Bauweise, Ausrüstung und Besatzung mit Anforderungen konfrontiert, die sonst nur die gewerbliche Berufsschifffahrt erfüllen muss. Je nach eingesetztem Bootstyp sind diese Anforderungen mit unverantwortlich hohen Kosten im sechsstelligen Bereich verbunden oder aber objektiv gar nicht umsetzbar. Schlicht nicht umsetzbar sind die neuen Anforderungen etwa bei handelsüblichen Segelyachten, wie der „Sebastian K“, die Mare Liberum erst Anfang des Jahres für den Einsatz in der Ägäis erworben hat. „Für unsere Schiffe und den Rechtsstreit entstehen hohe Kosten, zu deren Deckung wir auf Spenden angewiesen sind“, erklärt Bruchmann.

Hintergrund

Bereits im März 2019 wies das BMVI die BG Verkehr an, für „im Rahmen der Seenotrettung im Mittelmeer eingesetzten Fahrzeuge“ Schiffssicherheitszeugnisse zu fordern, wie sie bisher nur in der gewerblichen Schifffahrt notwendig waren. Im April 2019 erhielt Mare Liberum für das gleichnamige Schiff eine Festhalteverfügung, da das geforderte Schiffssicherheitszeugnis nicht vorlag. Mare Liberum klagte daraufhin erfolgreich in zwei Instanzen. Als Konsequenz veränderte das BMVI die Schiffssicherheitsverordnung, um den Einsatz für die Rechte Flüchtender doch noch blockieren zu können. Über die Verordnungsänderung wurden betroffene Vereine, wie Mare Liberum, im April diesen Jahres informiert.

Der Verein Mare Liberum e.V. ist seit 2018 im östlichen Mittelmeer aktiv. Dort beobachten die Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten die Lage der über das ägäische Meer flüchtenden Menschen. Dabei hat der gemeinnützige Verein immer wieder Gewalt und Rechtsverstöße durch die griechischen und türkischen Küstenwachen aufgedeckt. Daran beteiligt sind regelmäßig auch die europäische Grenzschutzagentur Frontex und Schiffe unter NATO-Kommando. Seit März diesen Jahres beobachtet der Verein verstärkt rechtswidrige Push-Backs durch die griechische Küstenwache. 

Mare Liberum i. A.

Gneisenaustraße 2a
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