Mare Liberum dokumentiert und beobachtet die Menschenrechtssituation von Migrant:innen in der Grenzregion zwischen der Türkei und Griechenland. Seit dem Jahr 2020 ist ein starker Anstieg der Grenzgewalt gegen Menschen auf der Flucht zu verzeichnen. Zum einen, was die Anzahl, aber auch die Brutalität der Vorfälle betrifft.

Journalist:innen, Nichtregierungsorganisationen, Aktivist:innen und Überlebende selbst liefern immer wieder Beweise für Übergriffe, Schikanen, unterlassene Hilfeleistung, Folter und Todesfälle an der Seegrenze zwischen der Türkei und Griechenland in der Ägäis sowie an der Landgrenze in der Region Evros. Beteiligt sind griechische, aber auch türkische Beamt:innen.

Fast zeitgleich mit der Veröffentlichung des OLAF-Berichts, in dem schwerwiegende, von der Europäischen Union geduldete Gewalttaten an der griechischen Grenze aufgedeckt werden, erregt ein weiterer entsetzlicher Fall unsere Aufmerksamkeit. Kürzlich wurde bekannt, dass am 14. Oktober 92 Migrant:innen von der türkischen Grenzpolizei gezwungen wurden, die Grenze von der Türkei nach Griechenland zu überqueren, wobei sie weder Kleidung noch Gepäck mit sich führten und einige Personen Spuren körperlicher Misshandlungen aufwiesen. Dies ist nur der jüngste von unzähligen Vorfällen. Er ist nur die Spitze des Eisbergs der Grenzgewalt, die auf griechischem und türkischem Gebiet stattfindet.

Wenn diese Verbrechen von Mitgliedern der griechischen und der türkischen Regierung öffentlich kommentiert werden, kommt es schnell zu allgemeinen Anschuldigungen eines langen Konflikts um Verantwortlichkeiten und territoriale Rechte. Menschen auf der Flucht sind nur ein Spielball in diesem Machtkampf, ihre Sicherheit spielt in diesem Gespräch selten eine Rolle. Ein bilateraler Konflikt wird auf dem Rücken von schutzsuchenden Menschen ausgetragen.

Wir fordern eine Aufklärung dieses Vorfalls, sofortige Maßnahmen gegen die andauernde Gewalt, ausgeübt durch den verantwortlichen Mitgliedstaat Griechenland, aber auch Konsequenzen für die Türkei. Die Europäische Union hat es in der Vergangenheit versäumt, Maßnahmen zur Verhinderung der Gewalt an den EU-Grenzen durchzusetzen und ist damit mitschuldig am Leid der 92 Menschen, aber auch Hunderter weiterer Menschen, wie der OLAF-Bericht zeigt.

Die EU-Kommission muss dafür sorgen, dass für die Gewalt an den Grenzen Konsequenzen für beide Länder folgen. Es müssen sofortige Maßnahmen ergriffen werden, um Griechenland und die Türkei daran zu hindern, weiterhin Menschenrechtsverbrechen gegen Schutzsuchende zu begehen.

Wir fordern:

  • Die Einrichtung eines unabhängigen Mechanismus zur Überwachung und Untersuchung von Gewalt an den Grenzen
  • Die sofortige Beendigung der Finanzierung von Grenzschutzmaßnahmen, die zur Abschreckung und Externalisierung führen
  • Die sofortige Beendigung des Frontex-Einsatzes im Grenzgebiet zwischen Griechenland und der Türkei    
  • Die Beendigung der Finanzierung von abgeschotteten Gefängnislagern

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