Die Menschenrechtsorganisation Mare Liberum sieht sich der Kriminalisierung durch griechischen Behörden ausgesetzt. Am 28. September verlautbarte die griechische Polizei per Pressemitteilung, dass gegen 35 Personen und vier NGOs auf Lesbos ermittelt wird.
Mare Liberum wird nicht offiziell genannt, aber in der griechischen Presse bereits mit schwerwiegenden Vorwürfen in Verbindung gebracht. Konstruiert wird ein Menschenhändlerring, die Gründung einer kriminellen Organisation und Spionage.
„Das ist vollkommen absurd“, weist Vorstandsmitglied Hanno Bruchmann die Vorwürfe zurück. „Mare Liberum mit derartigen Anschuldigen zu überziehen ist völlig aus der Luft gegriffen und dient offenkundig dem Zweck uns als Zeugin der systematischen Menschenrechtsverletzungen an der EU-Grenze zu vertreiben“, so Bruchmann weiter.
Bereits am 5. September stürmten etwa 25 Beamt*Innen der Polizei, der griechischen Küstenwache und der Spezialeinheiten an Bord der Mare Liberum. Über Rechtsgrundlagen oder den den Ablauf der Maßnahme wurden die Crew-Mitglieder nicht informiert. Das Schiff wurde zwei Stunden lang durchsucht, alle Telefone und Computer wurden beschlagnahmt. Nach der Razzia mussten vier Besatzungsmitglieder fast sechs Stunden lang ohne Angabe von Gründen in der Polizeistation bleiben. Es gab weder eine offizielle Festnahme noch ein Verhör. Wir warten immer noch auf eine offizielle Erklärung und auf die Rückgabe aller elektronischen Geräte.
Unter der neuen rechts-konservativen Regierung hat die Schikanierung vor allem für Flüchtende, aber auch für NGOs und Solidaritätsstrukturen exponentiell zugenommen. Viele NGOs oder aktivistische Netzwerke sehen sich seither gezwungen, ihre Arbeit auf den Inseln einzustellen. Mare Liberum gab aufgrund der nicht kalkulierbaren Sicherheitslage für die freiwiliigen Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten bekannt, vorübergehend keine neue Crew auf das Beobachtungsschiff zu entsenden. „Unsere Crew physischer Gefahr auszusetzen, wäre nicht verantwortlich“, so Vereinssprecher Bruchmann. Mare Liberum ruft die EU um Hilfe. „Seit langem fordern wir die EU-Regierungen auf, Flüchtende vor illegalen Pushbacks und willkürlicher Gewalt zu schützen. Nun sehen wir uns genötigt, auch unseren Schutz einzufordern – den Schutz unserer Besatzung vor politisch motivierter Kriminalisierung.“
Erst vergangenen Freitag hatte das Verwaltungsgericht Hamburg die Blockade von Mare Liberum durch Verkehrsminister Scheuer aufgehoben. Die neuerliche Repression verunmöglicht abermals den Einsatz des Schiffes an der Seegrenze. „Das ist sehr bedauerlich und wir werden unseren Einsatz nicht aufgeben. Wir werden weiterhin die Grausamkeiten aufdecken, die in dieser europäischen Außengrenzregion begangen werden.“ zeigte sich Bruchmann kämpferisch.