In zweierlei Hinsicht hat das Verwaltungsgericht Hamburg Mare Liberum Recht gegeben. Am 2. Oktober 2020 verkündete das Gericht, dass die Schiffe von Mare Liberum unter der geltenden Rechtslage keine Schiffssicherheitszeugnisse benötigen. Die Festhalteverfügungen gegen die Schiffe sind damit aufgehoben. Zweitens, und das ist weitreichender, ist die Änderung der Schiffssicherheitsverordnung durch Verkehrsminister Scheuer ungültig, weil sie gegen Europarecht verstößt. Die über die europäische Regelung hinausgehende und spezifisch gegen humanitäre Einsätze gerichtete Verordnung ist nicht von der Europäischen Kommission notifiziert worden. Damit ist die Schiffssicherheitsverordnung von Verkehrsminister Scheuer gescheitert.

“Wir sind wahnsinnig froh, dass die Blockade unseres Einsatzes für die Rechte Geflüchteter aufgehoben ist” sagt Hanno Bruchmann, Vorstandsmitglied von Mare Liberum. “Das Urteil des Gerichts ist eine deutliche Klatsche für Verkehrsminister Scheuer. Scheuer hat es weder mit Europa noch mit Solidarität. Seine Änderung der Schiffssicherheitsverordnung verstößt gegen Europarecht. Es ist nicht möglich, unsere Schiffe einfach festzuhalten, weil sie im humanitären Einsatz sind. Das Urteil zeigt, Solidarität ist nicht aufzuhalten.“ so das Vorstandsmitglied weiter.

Die Lage auf Lesbos ist nach dem Brand in Moria, den anhaltenden Übergriffen und der Ankündigung durch die griechische Polizei, Nichtregierungsorganisationen zu verfolgen, extrem angespannt. „Viele wollen uns weg haben, damit wir nicht mehr über die Menschenrechtsverletzungen berichten können. Jetzt brauchen wir Unterstützung, um unter widrigsten Bedingungen den Aktivismus für Menschenrechte aufrecht zu erhalten”, erklärt Bruchmann.

Das von Andreas Scheuer geleitete Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hatte die beiden Schiffe von Mare Liberum am 19. August festgesetzt. Diese Festsetzung war nur aufgrund einer Änderung der Schiffssicherheitsverordnung möglich, die gezielt durchgeführt wurde, um das Auslaufen der Schiffe und den Einsatz für Menschenrechte in der Ägäis zu verhindern. Nach der von Mare Liberum im letzten Jahr gewonnenen Klage gegen das Verkehrsministerium begann das BMVI damit, eine Änderung der Schiffssicherheitsverordnung zu erarbeiten. Interne Unterlagen des Bundesverkehrsministeriums, basierend auf einer Anfrage durch FragDenStaat, verdeutlichten, dass die Änderung mit vorgeschobenen „Sicherheitserwägungen” erfolgten.

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